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Österreich

Österreich beginnt, Zeltlager aufzustellen. Für Flüchtlinge, die aufgrund der internationalen Lage überall auf dieser Welt zu erwarten waren, nur nicht für die österreichische Bundesregierung. Herrschaftszeiten, ist Krieg wo? Wie hat denn das passieren können, dass da jetzt plötzlich so viele Asylanträge gestellt werden? Dieses Jungschar Lager wird nämlich auch nicht in einer Woche vorbei sein und alle fahren wieder nach Hause. Dafür hat die Republik ein nagelneues Schubhaftzentrum, das dient dem Zweck, Asylwerber wieder abzuschieben, eine nachhaltige Investition. Während also die österreichische Bundesregierung mit sich selber beschäftigt ist beim Pfitschigogerln oder wobei auch immer, passiert blöderweise im Rest der Welt auch das eine oder andere Ereignis. Während dieser Ereignisse in der Ferne haben unsere Kolleginnen und Kollegen der konservativen Abteilung bei einem Parteitag festgestellt: Wir werden keine Revolution anzetteln. Das kam wirklich überraschend, für eine kleine hat es aber immerhin gereicht: Auch wenn sie für die klassische Familie ohne wenn und aber einsteht, akzeptiere die Partei auch andere Lebensentwürfe, wie es so schön formuliert wurde. Dass schon im Jahr 2015 öffentlich in einer solchen Schonungslosigkeit diese Aufgeschlossenheit sich selbst abgerungen wird zeugt von heimlichem revolutionärem Gedankengut, dessen massenhafte Verbreitung nur unter großer Zurückhaltung nicht passiert sein muss. Ansonsten wurde festgestellt, dass die Veränderungen insgesamt sich eher im Rahmen halten werden wegen des bisherigen Erfolgs, der mit der bisherigen Tradition wohin auch immer gebracht wurde. Hier steigt die Neugier, wie dieser Erfolg aussieht: Ist es die unbeirrbare Zielstrebigkeit, innovative Wege wie die Akzeptanz von Lebensentwürfen, die etwas anders aussehen als die eigenen, gnadenlos weiter zu verfolgen? Oder ist es der Erfolg, weiterhin eine Offenheit in alle Richtungen sich vorzubehalten, dass nach wie vor eine Teilnahme der rechten Hochbegabtenschmiede wegen des damaligen Erfolgs nicht auszuschließen ist? Wer weiß es, manche Geheimnisse möchten wohlbehütet bleiben.

Zur Unterzeichnung des Staatsvertrags werden nun Reden gehalten. Der Kanzler schwafelt von einer Vorreiterrolle, die Österreich als neutrales Land einnehmen könnte, wofür wurde nicht verraten, klingt aber insgesamt interessant; der Vizekanzler quasselt davon, dass man sich ein Beispiel nehmen sollte an der Einstellung des Landes und seiner Bevölkerung den ungarischen Flüchtlingen gegenüber im Jahr 1956. Irgend etwas stimmt da nicht: Sind das etwa Aufnahmen eines Geheimdienstes, der unsere beiden Staatsspitzen bei der Morgentoilette bespitzelt? Oder sind die Aufnahmen echt? Und vor allem: Wem erzählen sie das? Diese Reden klingen wie Selbstgespräche. Vielleicht muss ihnen jemand verraten, dass sie noch nicht in Pension gegangen sind und nun einer nachfolgenden Regierung erzählen dürfen, was diese zu tun hätte, weil man selbst es nicht zustande gebracht hat: Noch sind sie selbst am Regieren, was möglicherweise bereits so realitätsfremd geworden ist, dass sich unsere beiden Kollegen gar nicht mehr in der Regierung wahrnehmen. Anders sind diese Reden nicht erklärbar. Also versuchen wir zu helfen und schicken die Nachricht zurück:

Lieber Herr Bundeskanzler, lieber Herr Vizekanzler,


das sind lauter schöne Ideen, von denen sie hier plaudern, und seien sie versichert, dass es im Bereich des Möglichen liegt, alle diese Ideen auch umzusetzen! Reiten Sie vor mit tollen Ideen und erinnern Sie unser Land an die Selbstverständlichkeit, mit der Menschen bei uns angenommen wurden und werden müssen! Tun sie das, niemand wird sie daran hindern, bestimmt nicht, weil Sie am Ruder sind und gar niemanden um Erlaubnis bitten müssten, und noch was, Herr Vizekanzler: Das, was ihrer Meinung nach in den Medien so garstig aufgeschrieben wird ist nichts als das, was sie in Wirklichkeit tun, gar nichts anderes. Und Herr Kanzler: Sagen sie irgendwann wieder einmal einen totalen Schwachsinn wenigstens, damit sie wahrnehmbar bleiben, wenn schon sonst nichts kommt, was Aufsehen erregt, ihr Vize kann das besser. Die unerträgliche Scheinpolitik veranstalten sie nämlich durchaus gemeinsam, aber der Vize verkauft den Unfug auch richtig!

Nicht nur, dass das gemeinsame Verhalten die internationale Entwicklungshilfe betreffend wirklich sensationell beschämend ist, legt der Herr Vize noch ein Schäuferl nach und meint, dass das große Spendenaufkommen der österreichischen Bevölkerung ja offiziell nicht mitgerechnet werden darf und das Land also mit ruhigem Gewissen weiterhin peinlich sein wird, da könnten Sie als Kanzler noch was lernen. So also ist Österreich frei, frei von klaren Standpunkten, frei von Innovationen, frei von einem radikalen humanen Verhalten Flüchtlingen gegenüber. Die Abteilung ganz rechts aussen meint zum Thema Migration, dass vor allem Missbrauch unter dem Deckmantel Asylantrag passiere. Das einzige, was dazu einfällt, ist die Trauer darüber, dass der Regierung zu dieser Dummheit in Endlosschleife, die unter dem Deckmantel rechter Oppositionspolitik passiert, noch immer nichts einfällt. Oder waren das nicht die Herrn Kanzler und Vizekanzler, die unter anderem gemeint haben, dass bereits in der Wortwahl Sorgfalt herrschen möge, um Katastrophen wie Weltkriege ein weiteres Mal zu vermeiden? Wir warten also auf die Schelte für die dauernde Stimmungsmache gegen alles, was nicht heimisch ist. Wir warten auf die klare Abgrenzung zu diesem reaktionären Haufen. Wir warten darauf, Dummheit offiziell abgelehnt zu bekommen, denn wenn Dummheit kein Korrektiv mehr erfährt, ergeht es uns allen bald wie den Schildbürgern, nur viel tödlicher. Wiedermal. Es ist eine wahre Tragödie, wie weit rechts unten am Hang sich diese Republik bereits befindet. Ein ehemaliger Innenminister schreibt in einer Zeitung eine ziemlich klare Stellungnahme zur untragbaren Situation, wie mit Flüchtlingen umgegangen wird und äußert ein paar Ideen, die absolut nachvollziehbar sein sollten, nur eben nicht dem Mainstream entsprechen. Hui, da plärrt das vermeintlich liberale Volk darüber, Menschen zur Möglichkeit zu verhelfen mit seetüchtigen Schiffen zu fahren, als wäre dies eine Revolution, die hier formuliert wurde. Dabei ist es eigentlich nur das, wovon unsere zwei regierenden Helden des erhobenen Zeigefingers gerade eben gesprochen haben, im Konjunktiv halt, man weiß ja nie, wer einen da erwischen könnte mit einem richtigen Standpunkt. An dieser Stelle sei die Lektüre der Politikwissenschafterin Chantal Mouffe empfohlen, und zwar allen, egal ob mitterechts oder blassrot: Ohne klaren Standpunkt ist nämlich eher Sense, das beobachten unsere Regierenden seit Jahrzehnten mit offenem Mund, aber anstatt ihn zuzumachen und zu denken und handeln zu beginnen gehen sie lieber medienwirksam wandern, doch halt, es bewegt sich was:

Herr Bundeskanzler, eine so schnelle Reaktion habe ich nun nicht erwartet, und ich bin so frei, den oben geäußerten und soeben in Erfüllung gegangenen Wunsch nach Wahrnehmung Ihrer Person gleich weiter zu erzählen. Auf die Frage nach Abhörtätigkeiten und deren bisher unterbliebenen Untersuchungen sagen Sie so schön: „Ich persönlich habe mir vorgenommen, so zu leben, dass ich auch vor niemandem Angst haben brauche, der mich abhört.“

Vielen Dank! Ich wusste, dass in dieser Hinsicht auf Sie absoluter Verlass sein wird. (Und sollte Ihnen was Gescheites wieder einmal in den Sinn kommen: Raus damit, so viel Zeit wird sein! Die Klammer ist nicht nur für Sie, Herr Kanzler. Teilen Sie die Klammer brüderlich mit Ihrem Vize.)
...




[Kolumne/Walter Schaidinger/18.05.2015]





    Kolumne/Walter Schaidinger


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